Hohe Anforderungen stellt der Bundesfinanzhof, damit sich ein Steuerzahler auf den Vertrauensschutz in eine bisher unstrittige Rechtsauslegung berufen kann.
Der Bundesfinanzhof verlangt von den Steuerzahlern ein gesundes Misstrauen auch in eine unstrittige Rechtsauffassung. Ausgelöst hat den Streit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, demzufolge nicht medizinisch indizierte Leistungen eines Arztes umsatzsteuerpflichtig sind. Bis dahin nämlich haben sowohl Ärzte als auch Finanzämter alle ärztlichen Tätigkeiten als „Tätigkeit als Arzt“ und damit als umsatzsteuerfrei behandelt. Nach dem Urteil aber wurden vor allem Schönheitschirurgen plötzlich rückwirkend zur Umsatzsteuer veranlagt, obwohl sie diese ihren Patienten natürlich nicht in Rechnung gestellt hatten und auch nicht nachträglich einfordern konnten. Einzelne Finanzämter zeigten sich kooperativ, andere beharrten aber auf der Zahlung der Umsatzsteuer.
Auf die Klage eines Arztes, der auf die bisherige Handhabung vertraut hat, hat der Bundesfinanzhof aber abgelehnt, eine Übergangs- oder Vertrauensschutzregelung zu gewähren. Der Vertrauensschutz sei grundsätzlich dann zu gewähren, wenn sich die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verschärft oder von einer allgemein üblichen Verwaltungspraxis abweicht und der Steuerzahler auf die bisherige Rechtslage vertraut hat. Allerdings sei das Vertrauen eben nur dann schützenswert, wenn eine gesicherte Rechtsauffassung bestanden hat und die Rechtslage unzweifelhaft erschienen ist.
Und daran stellen die Richter hohe Anforderungen: Eine gesicherte Rechtsauffassung könne aus einem schlichten Verwaltungsunterlassen, im vorliegenden Fall also der jahrelangen Nichtbesteuerung von Schönheitsoperationen, nicht hergeleitet werden. Dass es sich dabei nicht um ein Versehen eines einzelnen Finanzamtes, sondern um gängige Praxis der Finanzverwaltung handelte, ändert daran nichts. Wohler fühlen in ihrem Vertrauen in das deutsche Steuerrecht können sich die Steuerzahler nach diesem Beschluss jedenfalls kaum.